Pressebericht: Bramfeld hat das Warten satt
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Unter Leitung von Harry Schaub, Vorsitzender der Stadtteilkonferenz, diskutierten VertreterInnen von CDU, FDP, GAL, SPD sowie die Vertreter der LINKEN Jan Rübke und Norbert Hackbusch (Vorsitzender des Kulturausschusses der Hamburger Bürgerschaft) über die Perspektiven der seit langem geplanten Kulturinsel.
ein Artikel von Geneviève Wood im Hamburger Abenblatt:
Unmut: Keine U-Bahn-Anbindung, unschöner Ortskern, Schwimmbad schließt – Einwohner sind frustriert.
Seit mehr als 30 Jahren warten sie auf eine U-Bahn-Anbindung. Seit mehr als zwei Jahren auf einen schöneren Ortskern. Seit mehr als einem Jahr auf einen neuen Ortsamtsleiter. Allmählich macht sich Frust bemerkbar bei den Bramfeldern. Frust darüber, daß in Hamburg immer andere Dinge wichtiger sind. Der Sprung über die Elbe zum Beispiel, die HafenCity. Und jetzt, denken viele Bramfelder, nehmen sie uns auch noch das Schwimmbad weg.
Harry Schaub (71), Leiter der Stadtteilkonferenz Bramfeld und im Vorstand von Brakula, dem Bramfelder Kulturladen, lebt seit 1943 in Bramfeld. Wenn er von Bramfeld spricht, redet er ohne Pause. Soviel gibt es da zu erzählen. So vieles liegt im Moment im argen.
Die Sache mit der U-Bahn zum Beispiel. “Drei Tage vor der Bürgerschaftswahl hat Ole von Beust in einer Zeitungsanzeige versprochen, daß mit dem Bau der U 4 Steilshoop und Bramfeld an das U-Bahn-Netz angeschlossen werden”, sagt Harry Schaub. “Jetzt wird daraus wieder nichts. Ole von Beust spricht immer nur von der HafenCity, der Veddel, von Wilhelmsburg und dem Sprung über die Elbe.” Hamburg sei schließlich die reichste Stadt Europas. “Wo bleibt das Geld für die Bramfelder, die schließlich auch Steuern zahlen?” fragt sich Herr Schaub.
Die Bramfelder fühlen sich vernachlässigt. So wie die Menschen in anderen Stadtteilen Hamburgs auch (wir berichteten). “Das Konzept der wachsenden Stadt ist gut, aber dabei dürfen die Stadtteile nicht vernachlässigt werden”, sagt Uwe Schmidt (42), Geschäftsführer von Brakula. Die Schließung des Schwimmbads an der Fabriciusstraße zum Beispiel, “das läßt sich nicht mit der wachsenden Stadt vereinbaren”. Die Frage sei, wo sie denn hin sollen zum Schwimmen, die Kinder und Jugendlichen aus Steilshoop und Bramfeld, die meisten aus sozial schwachen Familien.
In Bramfeld, dem 10,1 Quadratkilometer großen Stadtteil an der Bramfelder Chaussee, leben 50 257 Einwohner. Wenn sie zum Einkaufen an die Bramfelder Chaussee wollen, sagen sie: “Wir gehen ins Dorf.” Dabei hat Bramfeld mit einem Dorf nur wenig gemeinsam. Welches Dorf hat schon einen Dorfplatz, der aus einer Buskehre und einem Toilettenhäuschen besteht? Welches Dorf hat eine vierspurige Hauptverkehrsstraße durch das Zentrum?
Es liegt auch an den Bramfelder Geschäftsleuten, daß sich nichts bewegt. Die übrigen Bramfelder müssen darauf warten, bis sich die Grundstückseigentümer (Autohaus Jahnke, Baumarkt Max Bahr und Bruhn Immobilien) geeinigt und ihre Grundstücke verkauft haben, um Platz zu machen für Schöneres im Ortskern rund um die Karstadt-Filiale an der Herthastraße – für Ladenpassagen, für Cafes, für Wohnungen.
Die Firma Max Bahr hat gerade eine neue Niederlassung ein paar hundert Meter weiter an der Bramfelder Chaussee gebaut. Stefan Graf von Max Bahr sagt: “Wir sind bereit zum Verkauf unseres alten Grundstücks, aber wir verkaufen nicht um jeden Preis.” Etwas Ähnliches sagt auch Carl-Heinz Jahnke (46) vom Autohaus: “Es fehlt ein Investor, der uns so viel Geld zahlen würde, daß sich eine Umsiedlung lohnen würde.” Dann ist da noch die Firma Bruhn Immobilien (Einkaufszentrum Tibarg), die mit der Firma Bahr über den Kauf des Grundstücks verhandelt hat – nach Abendblatt-Informationen ergebnislos. Claus Staatz, Geschäftsführer bei Bruhn, sagt nur: “Wir würden in Bramfeld gern ein Einkaufszentrum bauen.” Bruhn-Immobilien gehört eine Ladenzeile an der Herthastraße.
“Wenn der Ortskern nicht bald attraktiver wird, fahren die Kunden nur noch ins Alstertal-Einkaufszentrum oder in die Innenstadt zum Einkaufen”, sagt Birgit Damms (51) vom Haushaltswarenladen Damms an der Bramfelder Chaussee. Das Geschäft gibt es schon seit 127 Jahren. “Wir bräuchten hier einen Kundenmagneten wie H&M, einen Supermarkt”, sagt ihr Mann Hans-Jochen (51). Dann sagen die Damms noch, daß Bramfeld nicht einmal einen eigenen Bürgermeister habe. Seitdem Manfred Noster (62) im Oktober 2003 in den Vorruhestand gegangen ist, hat Michael Näfken, eigentlich Alstertaler Ortsamtsleiter, den Job in Bramfeld übernommen – aber nur kommissarisch.
Die Damms und die rund 70 anderen Gewerbetreibenden von der Bramfelder Interessengemeinschaft (BRAIN) haben eigene Ideen. Das “Bramfelder Fenster” haben sie beispielsweise ins Leben gerufen. Das ist das größte Fest im Stadtteil. Am 11. September wieder.
Da geht dann vielleicht auch Familie Jurat hin. Kerstin Jurat (32) lebt mit Ehemann Andre (34) und Sohn Noah (5) in der Saga-Wohnanlage am Trittauer Amtsweg/Im Soll/Bargackerdamm. Auch wenn in Bramfeld so vieles im argen liegt – für Familien mit Kindern hat der Stadtteil jede Menge zu bieten. Noah jedenfalls hat einen neuen Spielplatz direkt vor der Tür, und zur Vorschule am Bramfelder Dorfplatz kann er zu Fuß gehen. Kerstin Jurat sagt: “Wir fühlen uns hier sehr wohl.”
Kerstin Jurat wartet nicht. Auch nicht auf die U-Bahn. Weil sie als Rollstuhlfahrerin ohnehin lieber den Bus nimmt.